Für die deutsche U19-Nationalmannschaft der Damen war der Polish Cup (zur Turnierstatistik) Anfang Februar eine wichtige Standortbestimmung mit Blick auf die Weltmeisterschaft im Mai. Mit Tschechien und der Schweiz gab es zwei übermächtige Gegner und hohe Niederlagen. In den Spielen gegen Polen und Norwegen tankte die Mannschaft ordentlich Selbstvertrauen. Bundestrainer Neil Anderes zieht ein Fazit und blickt voraus auf die WM in Kanada. Deutschland trifft in der B-Division in der Vorrunde auf Japan, Jamaika und Gastgeber Kanada. In der Parallelgruppe spielen Ungarn, USA, Thailand und Österreich.
Neil Anderes, Platz vier beim Polish Cup mit einem Sieg, einem Unentschieden und zwei Niederlagen – wie fällt dein Fazit aus?

Ich bin mit dem Turnier insgesamt eigentlich sehr zufrieden. Wir konnten die internen Abläufe – sowohl im Staff als auch im Team – optimieren. Sportlich haben wir eine kleine Duftmarke gesetzt und wir wissen nun, wo wir in etwa stehen.

Welche wichtigen Erkenntnisse konntest du gewinnen, gab es Überraschungen?

Wir konnten in den Spielen gegen Polen und Norwegen beweisen, wie lernfähig wir auch in einem Turnier sind. Wir haben die Lehren aus der Klatsche gegen Tschechien gezogen, einige Details in unserem Spiel angepasst. Der Rest war dann eine bilderbuchmäßige Teamleistung. Die Stimmung auf und neben dem Platz war in diesen Partien unglaublich. Gegen die Schweiz waren wir dann allerdings platt, im vierten Spiel innerhalb von 32 Stunden waren die Batterien einfach leer. Wenn es einen Makel gab, dann vielleicht die Tatsache, dass wir nicht daran glauben, einen “Großen” schlagen zu können. Bisher gaben die Resultate diesem Denken aber auch Recht. Doch der Sieg beginnt im Kopf.

Was hast du deinen Spielerinnen für die letzten Wochen vor der WM mit auf den Weg gegeben?

Noch gar nichts, das wird erst in den nächsten Tagen, mit ein bisschen Abstand, passieren. Grundlegend darf aber erwähnt werden, dass jede Spielerin gemerkt hat, wo die Unterschiede zwischen uns und z.B. Tschechien und der Schweiz liegen.

Deutschland spielt in der B-Division und hat den Aufstieg zum Ziel. Wie schätzt du die Chancen des Teams ein?

Ich schaue die ganze Kampagne aus einem anderen Augenwinkel an. Mein Ziel als Trainer hat zu sein, dass ich aus jeder Spielerin das Maximum herausholen kann, dass ich jeder Spielerin eine Rolle zuteilen kann und diese Spielerin in dieser Rolle ihre Stärken ausleben kann. Wir können nur als Team erfolgreich sein und dazu müssen wir alle am gleichen Strick ziehen. In anderen Worten: Jede Spielerin ist ein Mosaiksteinchen und meine Aufgabe ist es, diese Steine so zusammenzufügen, dass ein wunderschönes Bild daraus entsteht. Wenn wir das schaffen, ist alles möglich.

Nun gab es gegen Tschechien und die Schweiz hohe Niederlagen, das war aber nicht überraschend. Wie lässt sich denn der Abstand zur Weltspitze mittel- und langfristig etwas verringern?

Da gibt es für mich zwei Ansatzpunkte, die miteinander verknüpft sind. Zuerst ist da die nicht existierende Bundesliga der Damen. Die Distanz ist für mich da keine Ausrede, denn diese gibt es in Schweden ebenfalls. Dieser erste Punkt ist gekoppelt mit dem wahrscheinlich wichtigsten Punkt, dem Wille von Vereinen und Spielerinnen, diesen Aufwand betreiben zu wollen und Floorball eine entsprechende Priorität im Leben zu geben. Einige Spielerinnen denken, dass sie mit zwei Trainings pro Woche schon genug investieren. Als Beispiel, Marianne Hannonen, ihres Zeichens finnische Nationalspielerin, trainiert sechs bis acht Mal pro Woche. Wer sportlich etwas erreichen will, muss dem Sport praktisch alles unterordnen. Da Floorball eine Randsportart ist, ist das vielleicht einigen nicht ganz verständlich. Aber die großen Nationen machen es uns vor.
Interview: Toni Maier
Zur Ergebnisübersicht des Polish Cups 2016